In den Minen von Potosi

Na, heute schon ein paar Stangen Dynamit gekauft? Nein? Wir heute auch nicht. Aber gestern… Und zwar fuer unseren Besuch bei den Minenarbeitern von Potosi.

Potosi – neben der tibetanischen Stadt Lhasa die am hoechsten gelegene Grossstadt der Welt (wir sind hier auf ueber 4.000 Metern Hoehe) – liegt am Fuss des Berges Cerro Rico, in dem seit der spanischen Kolonialzeit Silber (und inzwischen auch Zinn) abgebaut wird. Noch immer arbeiten heute ca. 15.000 Menschen in den Minen des Berges, denen man heute mit verschiedenen Agenturen einen Besuch abstatten kann. Da dies zu den Hoehepunkten einer jeden Bolivien-Reise gehoert, wollten wir uns das natuerlich nicht entgehen lassen.

Gestern frueh gings dann also los – zunaechst jedoch nicht zum Berg, sondern erst einmal zum Einkleiden, denn durch die Minen kann man nicht mal einfach so in T-Shirt und Trekkingschuhen schlendern. Ausgestattet mit Gummistiefeln, Bergarbeiterkluft, Helm und Lampe war die naechste Station auf dem Weg zum Berg dann ein ganz spezieller Markt fuer Minenarbeiter, auf welchem diese alles kaufen koennen, was sie fuer ihre Arbeit in den Minen benoetigen: vor allem Getraenke, Dynamit und auch Koka-Blaetter. Moechte man als Tourist eine der Minen besichtigen, so muss man dafuer kein Geld zahlen, aber es ist ein Brauch, dass man den Minenarbeitern genau diese Dinge auch als Geschenke mitbringt. Also haben wir mal eben fix mit unserem Guide Efra (ein ehemaliger Minenarbeiter) Limonade (harmlos…), jede Menge Koka-Blaetter (hier auch harmlos…) und dazu ein paar Stangen Dynamit gekauft (kann hier ebenfalls an jedes Kind frei verkauft werden!!!). Damit gings dann los in Richtung Minen, nicht ohne zuvor noch eine Einfuehrung in das Thema „Kokablaetter kauen“ erhalten zu haben. Die Praxis lies auch nicht auf sich warten: Unser Guide liess eine grosse Tuete mit Koka-Blaettern mehrfach in unserer kleinen Touri-Runde (2 Amerikaner, 2 Englaender und wir) kreisen und animierte uns fleissig dazu, selbst jede Menge davon zu konsumieren… Fuer uns gewoehnungsbeduerftig, aber fuer den Minenarbeiter-Alltag absolut unverzichtbar, da es die schwierige Arbeit in den Minen erleichtert.

Was wir dann in den naechsten zwei, drei Stunden gesehen und erlebt haben, kann man einfach nur als „heftig“ bezeichnen. Die Arbeitsweise und die Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter hat sich in den letzten Jahrhunderten kaum verandert. Technik, Arbeits- und Gesundheitsschutz? Fehlanzeige! Noch immer wird in den Minen nur mit der Kraft des eigenen Koerpers gearbeitet, und das unter Umstaenden, wie sie in Europa inzwischen absolut undenkbar waeren. Erschreckend war auch zu erfahren und zu sehen, dass in den Minen schon Kinder ab 12, 13 Jahren arbeiten. Zwar gibt es in Bolivien offiziell eine zwoelfjaehrige Schulpflicht, aber wie unser Guide uns erzaehlte, existiert diese auch nur auf dem Papier. Und was in den Minen passiert, kontrolliert auch niemand – hauptsache es werden entsprechende Steuern gezahlt…  Unser Guide Efra, 30 Jahre alt und seit dem 14. Lebensjahr in den Minen arbeitend (ebenso wie sein Vater und Grossvater), sprach sehr gutes Englisch und hat uns somit sehr viel ueber das Leben und die Arbeit der Minenarbeiter vermitteln koennen. Noch beeindruckender war es fuer uns dann aber, selbst durch die engen, schmalen Stollen zu kriechen und zu erleben, wie in den Minen von Potosi unter fuer Europaer fast nicht vorstellbaren Bedingungen gearbeitet wird. Ein Tag, der uns sehr beeindruckt und wiederum den eigenen Horizont  ein ganz, ganz grosses Stueck erweitert hat!

Morgen fahren wir weiter in Richtung Salar de Uyuni und von dort aus – ueber ein paar Lagunen, die traumhaft schoen sein sollen – weiter in Richtung Chile, nach San Pedro de Atacama. Vermutlich werden wir wohl erst dort wieder ein Internet-Cafe finden, denn dazwischen gibt es nicht viele groessere Siedlungen…

5 Kommentare zu “In den Minen von Potosi

  1. Kerstin

    Wow, das klingt wirklich nach einer einschneidenden Erfahrung. Da werden die eigenen Blicke auf Arbeiten sicherlich wieder mal relativiert…

    Spannend, wie ihr gut informiert die sehenswerten Orte in den Laendern besucht!

    Koka-Blaetter sollen unbedenklich sein? Das wundert mich als Drogenpolitik-Diplomierte allerdings. Sie haben eine Wirkung, deshalb werden sie ja auch gekaut. 🙂 Man haelt laenger durch, ist wacher und gleichgueltiger. Habt ihr keine Wirkung gespuert? 😉

    Weiterhin eine tolle Reise und ich bin gespannt auf die naechsten Bilder!

    Ganz liebe Gruesse aus Deutschland, Kerstin

  2. Sparvöga

    Seid Ihr schon in Chile? Ich warte doch schon seit Tagen soooooooooooooo gespannt auf einen neuen Bericht!!!

    Zu diesem Bericht kann ich nur sagen: Reisen bildet eben…! Da ist schon was dran!

    Lieben Gruß

    A.

  3. Thomas

    Habe durch Eure Berichte schon mehr gelernt als ich durch Zeitungslesen oder Auslandsjournal anschauen könnte….
    wünsche Euch weiter tolle Eindrücke, schöne und bedrückende, denn das gehört leider dazu.

    Liebe Grüße, Thomas

  4. Hörnchen

    Moin,

    die Fotos zu dem Bericht sind sehr beeindruckend. So würde hier wirklich niemand mehr arbeiten.
    Finde ich gut, daß ihr euch auch solche Dinge anschaut und uns vorallem auch darüber berichtet.

    Gruß
    Claudia

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