Entlang der Carretera Austral

Nein, wir sitzen nicht immer noch in Chaiten und warten auf Benzin… Inzwischen sind wir schon gute 400 Kilometer weiter suedlich in Coyhaique, der einzigen etwas groesseren Stadt in diesen Breiten. Allerdings kann es gut sein, dass wir immer noch in Chaiten sitzen und auf die Weiterfahrt warten wuerden, wenn wir nicht die Sache mit dem Benzin kurzentschlossen selbst in die Hand genommen haetten.

Das Problem in Chaiten lag nicht darin, dass kein Benzin vorhanden war, sondern darin, dass die Zapfsaeulen nicht funktionierten. Wie man uns versicherte, sei dies in den letzten Jahren noch nicht vorgekommen und laege nur daran, dass die Zapfanlage noch ganz neu sei… Die alte haette man wohl noch irgendwie manuell bedienen koennen, was bei der neuen nicht moeglich sei. Wie auch immer, auf jeden Fall wartete man nun in diesem kleinen Oertchen und insbesondere an der Tankstelle auf die Ankunft eines Spezialisten, der allerdings erst aus Santiago anreisen musste. Wann er allerdings ankommen sollte und vor allem, ab wann es wieder Benzin gibt, wusste niemand so richtig zu sagen. Zunaechst hiess es noch: Mittag. Dann hiess es: Nachmittag. Und dann wollte man sich schon nicht mehr darauf festlegen, dass an diesem Tag ueberhaupt noch was geschehen wuerde… Darum, und auch weil es an diesem Ankunftstag in Chaiten in Stroemen regnete, haben wir uns dann entschieden, doch erst einmal eine Unterkunft in dem Ort zu suchen. Und sind durch Zufall in einem wirklich aussergewoehnlichen und sehr schoenen Hostel gelandet. Der Hostel-Betreiber (ein deutscher Auswanderer) ist Kuenstler und hat das Haus selbst entworfen und eingerichtet… Einfach absolut grossartig!!

Am naechsten Vormittag haben wir dann hoffnungsvoll wieder unsere Motorraeder bepackt, in der Annahme, doch demnaechst Benzin zu bekommen und weiterreisen zu koennen, aber leider wieder: Fehlanzeige! Der Ingenieur aus Santiago liess immer noch auf sich warten und noch immer wollte man sich nicht festlegen, wann er denn nun endlich eintreffen wuerde… Von den „manjana“-Aussagen hatten wir dann doch genug und haben dann probiert, irgendwo im Ort noch ein paar Literchen Benzin aufzutreiben, aber da das Tankstellen-Problem wohl schon ein paar Tage lang bestand, hatten natuerlich alle Besitzer von benzinbetriebenen Autos das gleiche Problem wie wir. Wie also an Benzin kommen, wenn die naechste Tankstelle 150 Kilometer entfernt irgendwo in der Wildnis liegt? Das, wovor uns alle Reisefuehrer und auch unsere Eltern 😉 immer gewarnt haben: Daumen raus und trampen! 

Gestaltet sich dies im dichten Verkehr Mitteleuropas mitunter schon etwas schwierig, so ist es hier an der doch spaerlich befahrenen Carretera noch viel schwieriger. Nach 1,5 Stunden des Wartens am Ortsausgang von Chaiten wollten wir schon fast wieder aufgeben, als sich ploetzlich doch noch eine Mitfahrgelegenheit ergab – allerdings nicht nach La Junta, wo wir urspruenglich hin wollten, sondern nach Palena. Tankstellen gibt es in beiden Orten, aber La Junta waere insofern besser gewesen, als dass der Ort direkt an der Carretera Austral liegt und nicht noch mal 80 km davon entfernt… Aber viele Wahl-Moeglichkeiten hat man in solchen Situationen nicht und somit haben wir uns kurzerhand auf den Weg nach Palena gemacht. Unterwegs konnten wir uns schon einmal die wunderbare Landschaft entlang der Carretera und spaeter auch entlang des Abzweigs nach Palena geniessen. Allerdings immer mit dem leicht mulmigen Gefuehl begleitet, ob wir aus diesem kleinen Ort im Nirgendwo auch in naher Zukunft wieder weg kommen wuerden…??

Unsere drei kleinen Benzinkanister waren in Palena schnell gefuellt und dann hiess es am Ortsausgang wieder: Warten. Aber zum Glueck nicht lange, denn es fand sich tatsaechlich nach ca. 20 Minuten ein Auto, dass uns bis 45 km vor Chaiten mitnehmen konnte. Und auch dort hatten wir dann noch einmal unglaubliches Glueck und wir haben auch dort noch einmal eine Mitfahrgelegenheit gefunden um zurueck bis nach Chaiten zu kommen. Am Ende des Tages konnten wir dann die Bilanz ziehen: Den halben Tag unterwegs gewesen, 300 km durch die Wildnis getrampt und das alles nur fuer ganze 15 Liter Benzin… Irgendwie schon etwas verrueckt! Aber wir waren einfach nur gluecklich, dann endlich am naechsten Tag weiterfahren zu koennen. Uebrigens: Am naechsten Morgen gab es natuerlich immer noch kein Benzin in Chaiten, aber man war inzwischen dabei wieder die alte Zapfsaeule aufzubauen, da der Spezialist aus Santiago noch immer auf sich warten liess… Nun ja.

Statt auf Benzin zu warten konnten wir jedoch endlich die Carretera Austral entlang fahren. Sicher einer der schoensten Fahrtage unserer Tour! Auf einer wirklich gut zu fahrenden kleinen Schotterstrasse fuehrt der Weg durch dichten Wald, vorbei an Gletschern, tiefblauen Seen, kleinen Wasserfaellen, grossen und kleinen Fluessen… Unglaublich schoen! Und eigentlich nur zum durchfahren viel zu schade, man haette an so vielen Orten entlang der Carretera noch viel laenger verweilen koennen, aber dann wuerden wir sicher vom Rest Suedamerikas nicht mehr allzu viel sehen. 🙂

Nach einer Uebernachtung in dem kleinen Ort Puhayque ging es dann weiter Richtung Sueden, allerdings mit etwas getruebten Fahrspass: Eine laengere Baustelle war zu durchfahren und auch danach hatte die Strasse weitestgehend ein ganz anderes Gesicht, als wir es vom Vortag kannten. Zu weiten Teilen war die Strasse schon asphaltiert oder aber zumindest so weit verbreitert, dass der Asphalt wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen kann. (Auch die von uns durchfahrene Baustelle diente der Strassenverbreiterung…) Eigentlich ein ziemlicher Jammer um diese fuer Motorradfahrer so wundervoll zu fahrende Strasse, denn der Charakter ist einfach nicht mehr der selbe wie vorher. (Auf den Fotos, die wir dann irgendwann mal noch nachreichen werden, ist das auch ganz gut erkennbar.) Aber fuer die hiesigen Ein- und Anwohner sicherlich eine grosse Erleichterung. Obwohl man uns aber auch schon erzaehlt hat, dass die Strasse vor allem aus dem Grund asphaltiert wird, damit hier schon bald in naher Zukunft ein grosser Staudamm gebaut werden kann. Dass derartige Plaene tatsaechlich existieren, bekommt man hier als Tourist auch recht schnell mit, denn ueberall stoesst man immer wieder auf grosse Plakate und Schilder mit der Aufschrift „Patagonia. Sin represas!“ – „Patagonien. Ohne Staudaemme!“.

Morgen werden wir weiterfahren zum Lago General Carrera, dem zweitgroessten See Suedamerikas nach dem Titicacasee. Suedlich des Sees werden wir dann zur chilenisch-argentinischen Grenze fahren und diese bei Chilo Chico ueberqueren. In den naechsten Tagen geht es dann weiter auf der Ruta 40 bis nach El Calafate, wo wir dann wahrscheinlich auch die Weihnachtstage verbringen werden.

4 Kommentare zu “Entlang der Carretera Austral

  1. Jaccie

    Euer Reisetagebuch liest sich wirklich spannend. Ich habe auch viel Spass an manchen Eurer Erlebnisse, obwohl mir bewusst ist, dass sie Euch zum Zeitpunkt des Erlebens nich spassig vorkommen.
    Jedenfalls werde ich weiter in Eurem Tagebuch „schnüffeln“.
    Ich wünsche Euch, wo immer ihr dann auch sein mögt, ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten „Rutsch“ (das wirklich nur im übertragenem Sinn)ins neue Jahr.

  2. Sparvöga

    Hallo Ihr zwei Abenteurer,

    Ihr macht ja Sachen! Jetzt werdet mir bloß nicht zu wagemutig….;-)!

    An dieser Stelle auch schon mal vielen Dank für die Karte, Sylvia! Hat mich total gefreut 🙂 🙂 🙂 !!!

    Liebe Grüße

    A.

  3. Kerstin

    Hi ihr beiden Tramper,

    ihr macht ja echt lustige Sachen!! Aber das Glück ist mit den Mutigen, gell?1 Hat sich ja als gute Entscheidung entpuppt. :o)

    Auch ich sage vielen lieben Dank für die Karte, Sylvie!! Sie ist also vor Weihnachten angekommen und eine tolle Überrraschung, danke!

    Euch beiden eine gute Weiterfahrt und sonnige Weihnachtstage (hach, wann kann man das schon mal schreiben – bei 3 grad hier…),

    Kerstin

  4. Tante Hannelore u. Onkel Heinz

    Hallo Ihr Abenteuerer,
    Heute sind wir wieder mal bei Susi und Thomas,da Louis heute Geburtstag hat.Eine gute Gelegenheit Euch wieder mal zu schreiben.Die ganze Familie sitzt hier noch beisammen und lesen Euer Tagebuch.Wir sind begeistert, haben manchmal aber ein mulmiges Gefühl.Aber Ihr werdet schon wissen was Ihr tut.Wir wünschen Euch Beiden ein wunderschönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.Es grüssen Euch ganz herzlich Onkel Heinz Tante Hannelore und der Rest der Familie.

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